Küche - 2023-06 - Seite 18-19: Köchinnen und Köche mit naturwissenschaftlichem Hintergrundwissen bekommen Zugang zu einer Welt beinahe grenzenloser kulinarischer Ideen, findet Professor Dr. Thomas Vilgis. Im Interview spricht der Experte für Lebensmittelphysik unter anderem über die Profiküche der Zukunft, Restaurants als Kulturstätten und eine mythenbelastete Ernährungsforschung> KÜCHE: Warum ist es auch für Kochprofis sinnvoll, sich mit der Wissenschaft zu beschäftigen? Prof. Dr. Thomas Vilgis: Es ist wichtig zu wissen, warum man etwas genauso macht, wie man es macht. Dies gilt für alle Berufszweige. Ist das Warum, Wieso, Weshalb verstanden, leiten sich daraus zig neue Ideen ab, erst recht beim Kochen. Lebensmittel machen es uns einfach. ... Womit sollte sich Ernährungsforschung stattdessen befassen? Wo sehen Sie besonderen Handlungsbedarf? Ernährungsforschung ist hochgradig komplex und erfordert das Zusammenführen vieler Wissenschaftsdisziplinen in der Grundlagenforschung, was in der Vergangenheit nur an wenigen Universitäten und Forschungsverbünden gemacht wurde. Aber hier ist die Wissenschaft auf einem guten Weg. Die biophysikalischen und biochemischen Schnittstellen zwischen Mikrobiom und Physiologie sind nach wie vor ein großes Rätsel, die Kopplung über Botenstoffe ans Gehirn offene Fragen. Kein Wunder, denn das Mikrobiom ist so individuell wie Fingerabdrücke und DNA. Allein das zeigt, wie unsinnig die Diskussionen um Diät, Ernährungsform, Keto-, Lowcarb, usw. sind. Selbst die hin und wieder gehypte personalisierte Ernährung bleibt fragwürdig, vielleicht sogar genussfeindlich. Ernährungswissenschaften müssen künftig multidisziplinärer werden. … ff
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